Appinger Geschichte

Appingen wurde 1401 als „Appungum“ erstmals amtlich verzeichnet.

Der Name geht auf die Familie Appinga zurück.

Wie überall zu Beginn des 13. Jahrhunderts in Ostfriesland begannen auch in Appingen reiche Grundbesitzer ihre Häuser in Stein zu bauen.
Vielerorts wurden die Bauten noch mit Wall und Graben umgeben.
Den Mitbewohnern gewährten sie so gegen zunächst kleine Verbindlichkeiten Schutz.
Als der derzeitige Zustand der Regierungslosigkeit andauerte, zogen die Besitzer der Steinhäuser von Jahr zu Jahr mehr obrigkeitliche Gewalt an sich.
Sie nannten sich Häuptlinge.

Appingen war die Heimat und der Stammsitz des späteren für die ostfriesische Geschichte so bedeutungsvollen Geschlechts der Cirksena.
Den Ort verließen die Cirksena, als Appingen durch notwendige Eindeichungen der Leybucht immer weiter vom Meer abrückte und so an Bedeutung verlor.

Die späteren Grafen gingen zu dem neu entstandenen Sielort Greetsiel und bauten dort 1457-1460 eine Burg. (abgerissen: 1777-1778).

Die im zunehmenden Maße verarmende Appinger Gemeinde wurde mit der aufstrebenden Greetsieler Gemeinde vereinigt. (1)

Der Häuptling Enno von Greetsiel und sein Sohn Edzard Cirksena schenkten 1437 die alte Pfarrkirche von Appingen dem Karmeliter Orden zur Errichtung eines Klosters. Dieser Orden war einer der vier großen sogenannten Bettelorden, neben den Franziskanern, den Dominikanern und den Augustiner Eremiten. Die Mönche lebten unter äußerst strengen Regeln, die Armut, Einsamkeit, Gehorsam, Keuschheit, Schweigen und Verzicht auf Fleischspeisen vorschrieb.
Es war die einzige Niederlassung in Ostfriesland und gleichzeitig das letzte auf ostfriesischem Gebiet erbaute Kloster des Ordens.
Neben der Kirche wurde ein steinernes Haus sowie eine Mühle für die Priester erbaut, die von den Cirksenas mitgenutzt werden sollte.
Die Karmeliter erhielten das Patronatsrecht über den Ort, was einmalig war auf deutschem Gebiet und besagt, dass der Gründer einer Kirche über gewisse Selbstverwaltungsrechte, z. B. Stellenbesetzung, verfügt. Allerdings musste der Stifter auch für den Unterhalt der Priester und deren Gebäude sorgen (Laienpatronat). Als weiterer Stifter wurde neben den Cirksenas auch Häuptling Sibrand von Eilsum, eine Neffe von Enno, genannt.

1530 wurde das Kloster von dem streitbaren Junker Balthasar von Esens eingenommen und gebrandschatzt, der auch das Kloster Dykhusen zerstörte.

1531 wohnten Nonnen auf Kloster Appingen, die von dem Brandanschlag des nahe gelegenen Dominikanerordens Kloster Dykhusen obdachlos geworden waren.

1545 wurde das in Mitleidenschaft gezogene Kloster für 80 Taler und 100 Rittergulden verpachtet. 1549 erneut für 200 Taler. Nutznießer der Pacht war der Graf.

Aus der nachreformatorischen Zeit sind wenige Nachrichten vom Kloster erhalten. Wahrscheinlich wurde es wie alle anderen Klöster von den Landesherren vereinnahmt und in ein landwirtschaftliches Gut umgewandelt.
Reste des Klosters erkennt man heute neben dem erhöhten weißgetünchten Gebäude.
Auf der großen Weidefläche davor, zum Greetsieler Tief hin, sind deutliche wellenförmige Bodenunebenheiten zu erkennen.

1848 zählt Appingen 11 Einwohner.

1936 enteigneten die Nationalsozialisten Land von der Dömäne Kloster Appingen und bauten auf einer Teilfläche des Landes der Domäne Kloster Appingen einen Hof auf der gegenüberliegenden Seite des angrenzenden Kanals.
Das Land wurde dem neu errichteten Bauernhof und heutigen „Appinger Huus“ übertragen, so dass dort Landwirtschaft betreiben werden konnte.
Dieser Hof bestand anfangs aus einem großen Scheunenteil, wobei im vorderen Bereich ein bescheidener Teil für den Wohnbereich abgegrenzt wurde. Im hinteren Teil gab es Ställe für Kühe, Schweine und Pferde.

Im Jahre 1944 brannte der Hof komplett ab, als bei den Drescharbeiten Schmieröl auf dem Küchenofen heiß gemacht wurde und die Ofenstelle unbeaufsichtigt war. Im Anschluss wurde der Hof wieder mit qualitativ minderwertigen Materialien aufgebaut, da es nach Kriegsende an guten Baumaterialien mangelte.

In den 60ger Jahren wurde an das Scheunenteil ein Vorderhaus gebaut.

Der Hof wurde bis 1985 erfolgreich von der Familie Bremer bewirtschaftet und dann an den aus NRW stammenden Steuerberater Herrn Kesten verkauft.
Seine Partnerin Frau Budinsky betrieb auf dem Hof Pferdehaltung bis Ende der 90ger Jahre.

Mehr und mehr verkam der Hof durch zwielichtige Weitervermietung und mangelnder Instandhaltungspflege und wurde schließlich 2004 zwangsversteigert.

Da sich der Hof in einem schlechten Zustand befand, war eine umfangreiche Renovierung nicht zu vermeiden.

Die Renovierungsarbeiten begannen im Jahre 2006.
Der Hof wird seit der Fertigstellung als privater Wohnraum genutzt.

Heute gehört der Ortsteil Appingen zu dem Dorf Visquard, was wiederum zur Gemeinde Krummhörn gehört.
Insgesamt 4 Häuser stehen in Appingen, neben dem landwirtschaftlichen Gut Kloster Appingen und dem ehemaligen Bauernhof „Appinger Huus“, ein sogenanntes Arbeiterwohnhaus, das zur Domäne gehört.
Weiterhin steht direkt an der Strasse ein ehemaliger kleinerer Bauernhof, der im 20sten Jahrhundert von einem Milchwagenfahrer bewohnt wurde.


(1) aus „Der Karmeliterorden in Ostfriesland“, Unser Ostfriesland, Ostfriesen-Zeitung, 12.Mai 2006